© Sammlungsnetzwerk Universität Stuttgart/Katja Stefanie Engstler
Was ist eine antike Münze?
Die Frage zerfällt im Grunde ja in zwei Elemente: Nämlich einerseits, was ist eine Münze und andererseits, was ist antik. Eine Münze meint typischerweise ein behördlich legitimiertes Zahlungsmittel, das typischerweise aus Metall gemacht und geprägt oder gegossen ist. Und für die Antike spricht man in der Wissenschaft vom Zeitraum von ungefähr 800 v. Chr. bis 500 n. Chr. und beschränkt sich dabei auf den griechisch-römischen Kulturraum, das heißt die Region rund ums Mittelmeer.
Was beinhaltet die Sammlung?
Unsere Sammlung besteht aus ungefähr 160 Stücken, also eben antiken Münzen. Etwa 110 sind hellenistische Münzen aus der Zeit des kleinasiatischen Königs Mithridates VI., das heißt aus der ersten Hälfte des ersten Jahrhunderts vor Christus. Und weitere etwa 50 Stücke stammen vorwiegend aus der römischen Zeit, insbesondere aus dem dritten und vierten nachchristlichen Jahrhundert. Angeschafft worden sind die Münzen in verschiedenen Gelegenheitskäufen, kann man sagen. Im antiquarischen Münzhandel seit Anfang der 90er Jahr. Die hellenistischen Münzen sind gewissermaßen gezielten Ankäufe aus Forschungszwecken, und zwar deshalb, weil wir im Rahmen eines DFG-Projekts 7.500 Münzen aus dem Museum von Samsun edieren durften und um diese Edition vorzubereiten hat unser damaliger Lehrstuhlinhaber Herr Professor Holzhausen seit Anfang der 90er Jahre eben in mehreren Tranchen typgleiche Münzen beschafft. Die haben wir in einer gewissermaßen „Tiefenbohrung“ näher erforscht um dann in der Folge letztlich bis 2007 den Katalog der Sammlung der Münzen von Samsun die Basis zu erarbeiten. Die übrigen Münzen sind ebenfalls in den 90er Jahren in kleineren Käufen beschafft worden. Allerdings zu Zwecken der Lehre.
Was ist das interessanteste Stück der Sammlung?
Besonderes Lieblingsstück im engeren Sinn habe ich nicht, was mich aber immer besonders fasziniert hat, sind eben unsere hellenistischen Münzen, die Münzen aus der Zeit Mithridates VI. Hier ein Stück, es sogenannten Zeus-Adler-Typs. Hier handelt es sich um eine sogenannte „autonome Städteprägung“. Das fand ich als Phänomen immer besonders spannend: Was hier passiert ist, dass ein hellenistischer Monarch, seinen Untertanen und seiner Umwelt vorspiegelt, die Städte in seinem Herrschaftsbereich könnten eine unabhängige, eine autonome Münzprägung und letztlich Politik betreiben, was faktisch aber nicht zutrifft. Das sieht man eben auch an diesem einzelnen Stück ganz gut. Wir haben vorderseitig eine Darstellung des Gottes Zeus, ganz klassisch, bekränzt und mit Vollbart. Rückseitig haben wir die Darstellung eines Adlers. Ein ganz gängiges Herrschaftssymbol. Schon seit der griechischen Archaik. Dessen sich übrigens auch die Römer bedient haben, mit denen Mithridates den größten Teil seiner Herrschaftszeit militärisch gerungen hat. Und dieser Adler wird dann begleitet von der Beischrift Amisu - zu deutsch – Münze aus Amisos. Womit signalisiert wird, dass diese Münze unter dem Hoheitsrecht der Stadt Amisos geprägt worden sei, was eben de Facto nicht zutrifft. Das können wir feststellen, indem wir systematisch die Münzen in Mithridates Herrschaftsbereich ansehen, und dann feststellen: genau denselben Typ finden wir in allen Städten in seinem Herrschaftsbereich, nur mit unterschiedlichen Städtenamen kombiniert. Und damit wird eben klar, Urheber dieses Münzprägeprogramms ist der König Mithridates und niemand sonst. Das bedeutet, es wird eben den Untertanen letztlich ein anderes Verhältnis zwischen Beherrschten und Herrschenden vorgespiegelt, als tatsächlich besteht.